Nachruf
Wir trauern um unseren Kollegen und Freund, Prof. Dr.-Ing. Robert Stieglitz, der unerwartet verstorben ist. Das Institut für Thermische Energietechnik und Sicherheit (ITES) kann auf einen langen gemeinsamen Weg mit Robert Stieglitz zurückblicken, der bereits im Januar 1991 begann, als er in das damals noch „Institut für Angewandte Thermo- und Fluiddynamik“ genannte Institut eintrat und an dem er im Jahr 1994 mit dem Thema „Magnetohydrodynamische Strömungen in Ein- und Mehrkanalumlenkungen“ promovierte. Robert war ein durch und durch kreativer Ingenieur und leidenschaftlicher Wissenschaftler. Mit Fleiß, Hingabe und unerschütterlicher Zielstrebigkeit hatte er seinen Weg verfolgt. Für sein enormes Fachwissen und seine Fähigkeit, Themen zu vernetzen, Neues daraus zu entwerfen und dabei stringent seinen Weg zu gehen wurde er bewundert. Die Diskussionen mit ihm waren intensiv und herausfordernd, immer an der Sache orientiert, und wenn man ihn überzeugen konnte, hatte man seine volle Unterstützung. Er war immer fair, nahbar und sehr bodenständig. Zu seinen wissenschaftlichen Highlights gehört sicherlich der „Geodynamo“ als experimenteller Nachweis dafür, dass eine wirbelbehaftete, elektrisch leitende Flüssigkeit ein selbstinduziertes Magnetfeld erzeugen kann. Damit konnten die Theorien zum Ursprung des Erdmagnetfeldes bestätigt werden. Als Leiter des Experiments setzte Robert Stieglitz im Jahr 2000 mit den Technikern und Ingenieuren des Natriumlabors diese Idee in einen großen Versuchsaufbau um. Statt Eisen und Nickel im Erdinnern verwendete er große Mengen an Natrium, sowie Pumpen, Ventile und andere Flüssigmetallbauteile. Es klappte, das Magnetfeld bildete sich allein auf Grund der erzeugten Wirbelstrukturen im Natrium, und Robert konnte stolz den vielen Besuchern aus aller Welt, die dann sogar Busseweise erschienen, das unglaubliche Ergebnis zeigen. Zu dieser Zeit war parallel auch das KALLA-Labor des Instituts im Aufbau. Unter der Leitung von Joachim Knebel sollten dort drei große Kreisläufe mit flüssigem Blei-Wismut nebeneinander aufgebaut werden. Aber schon im Mai 2002 wurde Joachim Knebel zum Leiter des Programms Nukleare Sicherheitsforschung berufen und verließ das Institut. Da waren die Kreisläufe am KALLA kaum fertiggestellt. Robert Stieglitz war der ideale Wissenschaftler, der diese große Aufgabe stemmen konnte. Seine Flüssigmetallerfahrung bot eine ideale Voraussetzung. Zu den Highlights des KALLA-Labors gehörte in dieser Zeit der Test eines Prototyps des MEGAPIE Targets, das später am Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz als eine langlebige Spallationsneutronenquelle eingesetzt wurde. Weiterhin startete er Versuche zur Strömung in einen Brennelementbündel und für ein fensterloses Spallationstarget für den Beschleuniger-getriebenen Reaktor MYRRHA, der in Belgien gebaut werden sollte. Auf Basis von Roberts wissenschaftlich wie strategisch weitsichtiger Konzeption haben diese grundlegenden Experimente über ein Jahrzehnt die internationale Forschung auf diesem Gebiet geprägt und werden nachhaltig wirken. Für Robert war kein Experiment zu groß. Schon nach wenigen Jahren war das KALLA-Labor eine der führenden Forschungseinrichtungen für flüssige Schwermetalle in Europa. Dass er zusätzlich auch noch Messgeräte für Flüssigmetalle weiterentwickelte, darunter berührungslose Durchfluss- und Geschwindigkeitsmessgeräte, wird dabei schon fast übersehen. In 2009 wurde Robert Stieglitz zum Leiter des Instituts für Neutronenphysik und Reaktortechnik berufen und verließ unser Institut und das KALLA-Labor. Aber auch danach blieb er uns stets verbunden, war häufiger Gast und immer mit Rat und Tat an unserer Seite. Robert hat tiefe Spuren hinterlassen und es wird eine große Lücke verbleiben, die wir sicher erst im Laufe der Zeit voll erfassen werden. Er war aktiv und engagiert in einem breiten Spektrum auch jenseits seiner prägenden Rolle in der Fusions- und Kerntechnikforschung, begeisterte sich und andere auch für die wissenschaftliche Kooperation mit Argentinien zum Thema Windkraft und war Autor eines umfassenden Lehrbuchs zur Thermischen Solarenergie, dessen neueste Auflage gerade erst in der Fertigstellung steht. Wir werden ihn vermissen, seine Energie, seine Vehemenz, seine Begeisterung, seine unglaubliche Fähigkeit, komplexe, höchst gehaltvolle Texte in kürzester Zeit zu verfassen, seine umfassende und tiefe Kenntnis und wissenschaftliche Stringenz, ja auch Schärfe. Seinen Mut, in schwierigen Situationen und auch gegen Widerstände wichtige Themen zu setzen und die wissenschaftliche Sache voranzubringen, werden wir sehr vermissen. Vor allem aber wird uns sein Humor und sein Lachen fehlen, mit denen er auch schwierigen Momenten eine gute Wendung geben konnte. Aber wir haben es noch im Ohr und vor Augen und es hilft uns in diesen Tagen. In Gedanken sind wir bei seiner Familie. |